Was kennzeichnet "wissenschaftliches Arbeiten"?
- Details
- Zuletzt aktualisiert: Montag, 24. Februar 2020 23:03
- Zugriffe: 944
Ein Wissenschaftler ist ein Mensch, der wissenschaftlich arbeitet. Es geht also nur um eine bestimmte Arbeitsmethodik. Das hat nichts mit Ausbildung, Beruf oder akademischem Grad zu tun. Es gibt Schüler, die wissenschaftlich arbeiten. Und es gibt Professoren, die nicht wissenschaftlich arbeiten.
Wissenschaftliches Arbeiten bedeutet:
- Eine klar definierte Aufgabenstellung bearbeiten, also ein Ziel haben.
- Sich mit dem Erkenntnisstand auf dem betreffenden Gebiet ("Stand der Technik") intensiv vertraut machen.
- Die Fachbegriffe und üblichen Vorgehensweisen auf dem Gebiet beherrschen.
- Sich nur von Tatsachen, nicht von persönlichen Motiven (wirtschaftlichen Gründen oder weltanschaulichen, religiösen oder politischen Anschauungen) leiten lassen.
- Redlich und fair handeln, sich keinen Dogmen und keiner Selbstzensur unterwerfen, nicht konformistisch handeln (sich also nicht am aktuellen Zeitgeist bzw. der aktuellen "Gesellschaftsfähigkeit" der verwendeten Methoden und gewonnenen Erkenntnisse orientieren).
- Verwendete Informationen kritisch hinterfragen und ihre Primärquellen identifizieren.
- Die Quellen aller wesentlichen verwendeten Informationen offenlegen.
- Die Randbedingungen und Methodik selbst durchgeführter experimenteller Untersuchungen dokumentieren, um sie reproduzierbar zu machen.
- Aussagen machen, die nachprüfbar (verifizierbar bzw. falsifizierbar) sind.
- Möglichst zur Weiterentwicklung des Standes der Erkenntnis beitragen. Das bedeutet, dass der bisherige Erkenntnisstand erweitert oder (teilweise) revidiert wird.
Die Realität sieht oftmals anders aus. Viele vermeintlich wissenschaftliche Arbeiten sind gefälscht oder frei erfunden. Ein bekanntes Beispiel sind die Arbeiten über die vermeintliche Schädlichkeit von Butter bzw. Cholesterin (Alexander Ignatowski 1908, Ancel Keys 1953 und ungezählte andere bis heute). Einfachstes und beliebtestes Mittel zum Fälschen empirischer Studien sind statistische Manipulationen. Daten, die nicht zum gewünschten Ergebnis passen, werden aussortiert - auf Nachfrage gerne mit der Begründung, es handle sich um nicht plausible "Ausreißer". Der bekannte Spruch "Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" ist wahrer als allgemein angenommen. Ein anderes, ebenso plumpes wie wirksames Mittel ist die Vortäuschung großer Genauigkeit durch Angabe von Zahlenwerten mit vielen signifikanten Stellen. Dazu eine Anekdote: "Mir sagte jemand: Eine wissenschaftliche Studie hat ergeben, dass 63,72% aller wissenschaftlichen Studien gefälscht sind."
Die Bevölkerung wird von den Massenmedien dazu erzogen, Menschen, die als "Wissenschaftler", "Forscher" oder "Experten" vorgestellt werden, blind zu vertrauen. Diese Menschen spielen dann die Rolle von "Leithammeln" und werden von den Massenmedien systematisch benutzt. Jeder kennt solche Leithammel aus dem Fernsehen, z. B. zu Fragen der Börse, der Automobilindustrie, zu Kriminalität, Klimawandel, Terrorismus, aber auch zu Mode, Lebensstil und Adeligen.
Wissenschaftler sind auch nur Menschen. Sie haben eine individuelle Persönlichkeitsentwicklung durchlaufen, die wesentlich durch ihre Herkunft, ihren Umgang und ihre geistigen Fähigkeiten geprägt wurde. Viele "Wissenschaftler" halten sich für Intellektuelle und lesen daher neben ihren Fachzeitschriften z. B. den Spiegel, die Zeit, die Süddeutsche, die Financial Times oder das Handelsblatt, um umfassend und objektiv informiert zu sein. Die meisten "Wissenschaftler" haben ein universitäres Studium hinter sich. An Universitäten wird durch die Dozenten und die verwendeten Lehrbücher implizit oder explizit ein bestimmtes Weltbild vermittelt. Das wird den Studierenden nicht bewusst. Es ist auch denen, die dieses Weltbild vermitteln, meist nicht bewusst. Sie sind nämlich durch die gleiche Prozedur geprägt worden. So schließt sich der Kreis.
Wissenschaftliche Projekte finanzieren sich in der Regel durch Drittmittel. Das sind Mittel, die nicht aus der Organisation stammen, an der die Bearbeiter beschäftigt sind. Die Drittmittelgeber sind meist Unternehmen oder Organisationen, die sich von dem Ergebnis einen (meist wirtschaftlichen) Nutzen erwarten. Oder es sind spezielle Förderorganisationen, die ihr Budget aus regionalen, nationalen, europäischen oder internationalen Töpfen erhalten. Diese Töpfe werden meist von Politikern bewilligt. Letztere Organisationen sollten nur ein Interesse daran haben, dass die geförderten Projekte mit wissenschaftlichen Methoden bearbeitet werden und überhaupt Ergebnisse liefern. Tatsächlich ist es teilweise so, dass in den Richtlinien zur Vergabe der Fördermittel bereits mehr oder weniger klar formuliert wird, dass die geförderten Projekte mit ihren Ergebnissen bestimmte (in der Regel wirtschaftlich oder politische relevante) Aussagen unterstützen sollen. Projekte (bzw. ihre Leiter), die die gewünschten Ergebnisse liefern, haben gute Chancen, bei der Beantragung der Förderung von Folgeprojekte wieder berücksichtigt zu werden. Menschen, die mit den gewünschten Aussagen sympathisieren, brauchen sich bei der Bearbeitung solcher Projekten nicht zu verbiegen.
Auch Wissenschaftler müssen sich um ihren Broterwerb kümmern. Wenn ein Gebiet "abgearbeitet" ist, es also keine Fördermittel mehr beschert, müssen sie sich neue Arbeitsgebiete suchen. Die Herde zieht weiter. Wohin? Dorthin, wo die Weiden am saftigsten sind. Es geht also oft um die Wahrscheinlichkeit, wieder Fördermittel zu erhalten, nicht um die fachliche Nähe zu den bisher bearbeiteten Themen. Das ist nicht schändlich, sondern verständlich.
Viele Beispiele für Verstöße gegen die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens findet man beispielsweise unter ScienceFiles und Forschungsmafia.
Ein aktueller Beitrag zum Thema von Annette Heinisch: Die Wissenschaft im Dienste der Macht.